Es ist wie immer in Japan – viel zu viele Eindrücke und viel zu wenig Zeit, das alles in Worten festzuhalten. Sollen wir über unseren gestrigen Wellness-Nachmittag im Odaiba Onsen schreiben, einem Bad mit angeschlossenem Themenpark im historischen Edo-Stil?
Oder besser über die fantastischen Sushi, die wir heute genossen haben?
Den Spaziergang im Ueno-Park?
Oder den Bummel durch die quietschbunten Straßen des Ameyoko-Marktes?
Das wären sicherlich alles ganz spannende Themen, aber heute soll es einmal um etwas komplett anderes gehen – und zwar um Erdbeeren.
Im Winter über Erdbeeren zu schreiben, ist in Japan zunächst einmal nichts Ungewöhnliches. Die Früchte werden hier grundsätzlich im Gewächshaus gezüchtet und von Dezember bis März geerntet – das heißt, im Moment haben Erdbeeren in Japan Hochsaison.
Die Erdbeeren, die hier im Supermarkt angeboten werden, sind sehr, sehr lecker – groß, blutrot, saftig und geschmacklich nicht ganz so standardisiert wie in Deutschland, wo ja nur besonders robuste und daher meist auch etwas langweilige Sorten wie „Elsanta“ in den Handel kommen.
Die Früchte, die wir am Mittwoch in der glitzernden Shopping-Welt von Tokyo Midtown entdeckten, fallen aber noch einmal in eine ganz andere Kategorie. In einem Laden mit dem schönen Namen „Atelier du Soleil“ kann man die wahrscheinlich teuersten Erdbeeren der Welt kaufen – zwölf Erdbeeren, fein verpackt im Geschenkkarton, kosten hier bis zu 50 Euro. Die edelste Sorte hört auf den Namen „Amaou“ und wird standesgemäß mit einer eigenen Visitenkarte präsentiert.
Im ersten Moment hört sich das natürlich unglaublich an – allerdings muss man dazu sagen, dass das Atelier du Soleil kein normaler Lebensmittelladen ist, sondern eher so etwas wie eine Obst-Boutique. Die Verkäuferinnen tragen Designer-Kostüme, das Interieur des Ladens ist edel gestaltet und perfekt ausgeleuchtet. Früchte liegen hier nicht wahllos in Kisten herum, sondern sind stattdessen auf Podesten und in Vitrinen ausgestellt. Neben verschiedenen Erdbeersorten werden auch Mandarinen, Melonen, Orangen, Äpfel und Mangos wie kleine Kunstwerke inszeniert.
Das Besondere an den Früchten sei aber nicht die Verpackung, erklärte uns eine der Verkäuferinnen, sondern der Geschmack. Im Atelier du Soleil finde man nur besonders seltene und hochwertige Obstsorten – und davon dann jeweils nur die erlesensten Exemplare. Typischerweise kaufen Kunden diese auch nicht für sich selbst, sondern eher als exklusives Mitbringsel für besondere Anlässe. Je länger wir darüber nachdenken, desto besser gefällt uns die Idee: Warum eigentlich nicht statt Blumen, Pralinen oder Wein einmal Vitamine in ihrer feinsten Form verschenken? Genügend Kunden scheint es in Japan dafür auf jeden Fall zu geben – der Laden läuft seit mehreren Jahren sehr erfolgreich. Und auch bei uns wirkt die Inszenierung mittlerweile. Die Luxus-Erdbeeren sind uns zwar etwas zu kostspielig, aber so eine High-End-Mandarine für 3,50 Euro müsste man eigentlich schon mal probieren …
Zum Schluss hier noch ein paar weitere Fotos aus den letzten Tagen:
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